Zahlenspiele: Samkhya

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Es gibt sechs philosophische Systeme in Indien, die man Darshanas nennt. Man kann sie auch als Sichtweisen bezeichnen: Stellen Sie sich vor, sie können durch eine von sechs Brillen schauen. Samkhya und Yoga sind die zwei ältesten davon; sie dienen als Konzepte, um die Welt zu erklären. Durch die Samkhya-Brille wird die ganze Welt gezählt und kategorisiert.

Philosophische Denkrichtungen

Die sechs philosophischen Denkrichtungen sind nicht unabhängig von einander, sie ergänzen einander wie die griechische Philosophie unser Denken bis heute in Europa beeinflusst. Die vier weiteren Darshanas heißen Vaisesika, Nyaya, Purva Mimamsa und Vedanta. Nach der vedischen Zeit, in der die Upanishaden verfasst wurden, gab es verschiede philosophische Strömungen, die in die sechs Darshanas mündeten. Samkhya ist die älteste davon, und bedeutet “das, was in Einzelheiten beschreibt” und steht für Zahl oder Aufzählung. Der Blick durch die Samkhya-Brille ist recht nüchtern, wie unsere heutige Wissenschaft wurde alles in Konzepte gepackt, abgemessen und gezählt. Es gibt in dieser Denkweise keinen Gott oder Schöpfer, wodurch die Samkhya-Philosophie allen anderen Richtungen und Strömungen eine Grundlage lieferte. Der Einfluss auch auf Yoga und Vedanta ist bis heute deutlich.

Zahlenspiele: Samkhya

Aus reinem Bewusstsein (Purusha), das sich mit der Materie (Prakriti) vermischte, manifestierte sich unsere Welt. Die Materie besteht aus den drei Qualitäten, den Gunas. Vorher waren die drei Qualitäten ausgeglichen, erst durch die Bewegung zwischen ihnen entstand das Universum. Die Urknall-Theorie besagt nichts anderes, nur dass die Samkhya-Philosophie um etwa 800 vor Christus durch die ausgefeilte Wahrnehmung von Sehern (Rishis) aufgestellt wurde. Ich sage mal: Hut ab! Durch Zählen und Kategorisieren gelang eine Bestandsaufnahme der sichtbaren und unsichtbaren Welt, die man dann analysieren konnte. Es gibt die fünf Elemente, die sieben Chakras, 72.000 Nadis usw. Die Samkhya schaffte mit strukturellem Denken eine neue Sichtweise auf die Welt.

Der Aufbau des Universums: Tattvas

Zu erst war alles nur Purusha, reines Bewusstsein, als Prakriti begann sich zu bewegen und das Bewusstsein wahrnahm. Das reine Bewusstsein wird oft auch als der Beobachter bezeichnet, da es nichts tut. Die Gunas kamen also in Bewegung und in 25 weiteren Schritten entwickelte sich das feinstoffliche Geistige zu den fünf grobstofflichen Elemente. Das Geistige Prinzip nahm also eine Form an. Man kann sich das so vorstellen, dass sich aus dem Geistprinzip der Intellekt, das Ego und das Denkorgan entwickelte, dann kamen die fünf Sinnesorgane und die fünf Tatorgane (Mund, Hände, Füße, Geschlechtsorgane und After) dazu. Es entwickelten sich weitere fünf subtile Elemente wie Geruch, Klang, Form, Geschmack und Berührung, bevor es zu den für uns sichtbaren fünf Elementen Äther (Raum) Luft, Feuer, Wasser und Erde kam.

Selbsterfahrung führt zurück zu Purusha

Warum die ganze Aufregung, um ein Universum zu erschaffen, wenn doch alles eins und total entspannt war? Also: Warum sind wir hier? Die Natur möchte sich selbst erfahren und das geht nur in der materiellen Welt. Indem wir Erfahrungen machen, können wir uns selbst näher kommen; kommen wir uns selbst näher, finden wir einen Weg zurück zum Beobachter, zu reinem Bewusstsein. Diese Instanz ist nicht außerhalb, sie liegt in jedem von uns. Und um dorthin zu gelangen, kann man den Yoga-Pfad beschreiten. Patañjali gibt mit dem Yogasutra eine Anleitung dazu an die Hand, die übrigens auch im Sinne der Samkhya Aufzählungen beinhaltet: Fünf Yamas, fünf Niyama, fünf Kleshas usw. Blick in die Zunkunft: Man sagt, wenn die drei Gunas wieder ins Gleichgewicht kommen, ist Stillstand und das Universum löst sich auf.

Annette Bauer

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